
Betriebsstättenlose gewerbliche Einkünfte im Kontext der erweiterten beschränkten Steuerpflicht
Warum Du als Deutscher mit „floating income“ nicht einfach steuerfrei um die Welt reisen kannst
🌍 Der Traum vom steuerfreien Nomadenleben
Viele träumen vom Leben als „Perpetual Traveler“ oder „Digitaler Nomade“: keine feste Adresse, arbeiten von überall, ortsunabhängig Geld verdienen – idealerweise steuerfrei. Besonders attraktiv erscheint dieses Modell für Selbstständige, die Online-Dienstleistungen anbieten, also Softwareentwickler, Berater, Coaches oder Trader.
Doch für deutsche Staatsbürger lauert in diesem Traum eine tückische steuerliche Realität: Das Konzept sogenannter „betriebsstättenloser gewerblicher Einkünfte“ führt schnell in die erweiterte beschränkte Steuerpflicht (§2 AStG) – mit der Folge, dass Deutschland selbst nach Wegzug noch auf nicht-ausländische Einkünfte zugreift.
🧾 Was sind betriebsstättenlose Einkünfte?
Betriebsstättenlose gewerbliche Einkünfte entstehen dann, wenn Du gewerbliche Leistungen erbringst (z. B. E-Commerce, Agenturservices, Plattformbetrieb), aber in keinem Staat eine steuerlich anerkannte Betriebsstätte oder feste Geschäftseinrichtung hast. Du arbeitest ortsunabhängig, ohne Firma, ohne Büro – von Land zu Land, oft nur mit einem Laptop.
Achtung: Eine Betriebsstätte, die nur durch Geschäftsleitung oder Management im Ausland begründet wird, zählt in diesem Zusammenhang nicht als schützende Betriebsstätte. Es muss sich um eine Betriebsstätte handeln, an der die eigentliche Tätigkeit ausgeübt wird – also z. B. ein physisches Büro oder Arbeitsort, von dem aus Du Deine Leistung erbringst.
Ein beliebtes Modell in diesem Zusammenhang ist die sogenannte Foreign-Owned Disregarded Entity (FODE) in den USA – typischerweise eine US-LLC, die einem Ausländer gehört und von den US-Steuern befreit ist, solange keine „Effectively Connected Income“ und keine „Engaged in Trade or Business in the United States (ETBUS)“ vorliegt. Diese Struktur ist zwar in den USA steuerfrei – aber genau das ist ein typisches Beispiel für eine Firma ohne Betriebsstätte, die aus Sicht des deutschen Steuerrechts nicht schützt. Im Gegenteil: Sie verstärkt sogar das Risiko, unter die erweiterte beschränkte Steuerpflicht zu fallen, da sie betriebsstättenlose Einkünfte produziert.
Solche Einkünfte gelten als „floating income“, weil sie keinem bestimmten Besteuerungsrecht zugewiesen werden können. Genau hier wird das deutsche Außensteuergesetz aktiv.
⚠️ Die erweiterte beschränkte Steuerpflicht (§ 2 AStG)
Wer als deutscher Staatsbürger seinen Wohnsitz aufgibt und Deutschland verlässt, ist nicht automatisch komplett steuerfrei. Für bestimmte Gruppen – insbesondere für Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit – greift die sogenannte erweiterte beschränkte Steuerpflicht. Sie bedeutet, dass Deutschland weiterhin auf Deine nicht-ausländischen Einkünfte zugreifen darf, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.
Diese sind:
Du bist deutscher Staatsbürger,
warst innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Wegzug mindestens fünf Jahre in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig,
Dein neuer Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt liegt in einem sogenannten Niedrigsteuerstaat und
du hast auch nach dem Wegzug wirtschaftliche Interessen in Deutschland (z.B. Immobilien, Beteiligungen, Konten, Renten usw.)
Was ist ein Niedrigsteuerstaat im Sinne des § 2 AStG?
Ein Land gilt dann als Niedrigsteuerstaat, wenn die dortige Besteuerung Deiner Einkünfte im Vergleich zu Deutschland um mehr als ein Drittel niedriger ausfällt. Entscheidend ist dabei die tatsächliche Steuerbelastung auf Deine Tätigkeit – nicht der offizielle Nominalsteuersatz.
👉 Auch das Leben als digitaler Nomade oder „Perpetual Traveler“ erfüllt diese Voraussetzung, weil Du de facto in keinem Staat effektiv besteuert wirst. Wer also einfach „untertaucht“, sich nirgends niederlässt und keine Steuern zahlt, lebt aus Sicht der deutschen Finanzverwaltung automatisch in einem Niedrigsteuerumfeld – und fällt damit voll unter § 2 AStG.
Und: Du brauchst keine deutschen Einkünfte oder Vermögenswerte, um betroffen zu sein. Es genügt bereits, wenn Du betriebsstättenlose gewerbliche Einkünfte erzielst. Diese werden dann fiktiv so behandelt, als wären sie in Deutschland entstanden – mit der Folge, dass Deutschland weiter Zugriff auf Deine Einkünfte beansprucht.
✅ Freiberufler sind nicht betroffen – oder doch?
Wenn Du als Freiberufler im Sinne des § 18 EStG arbeitest – etwa als Softwareentwickler, Grafiker, Journalist, Übersetzer, Coach oder beratend tätig bist – dann fällst Du nicht unter diesen Teil des § 2 AStG. Das bedeutet: Die erweiterte beschränkte Steuerpflicht greift nicht auf deine freiberuflichen Hinonorare. Soweit so gut.
Aber: Auch als Freiberufler kannst Du nicht automatisch steuerfrei in der Weltgeschichte herumschwirren, wenn Du nach Deinem Wegzug weiter für deutsche Kunden arbeitest oder Dein Einkommen in Deutschland wirtschaftlich verwertet wird. In diesem Fall kann das deutsche Finanzamt den sogenannten Verwertungstatbestand nach § 12 AStG heranziehen.
🔁 Der Verwertungstatbestand (§ 12 AStG)
Der Verwertungstatbestand betrifft alle Personen, die nach dem Wegzug ins Ausland Einkünfte erzielen, die auf in Deutschland geschaffene wirtschaftliche Grundlagen zurückgehen oder die weiterhin auf den deutschen Markt gerichtet sind – z. B. durch:
Verträge mit deutschen Kunden
Auftritte auf deutschsprachigen Plattformen
Dienstleistungen, die gezielt in Deutschland genutzt werden
Weiterarbeit für ehemalige deutsche Arbeitgeber oder Auftraggeber
Anders als § 2 AStG gilt § 12 AStG nicht nur für gewerbliche Einkünfte, sondern kann auch Freiberufler betreffen, wenn das Finanzamt eine wirtschaftliche Verwertung in Deutschland erkennt. Es kommt also nicht auf die Rechtsform Deiner Tätigkeit an, sondern auf die Frage, wo Deine Einkünfte wirtschaftlich realisiert werden.
❌ Warum ein Wohnsitzwechsel allein nicht ausreicht
Viele glauben, dass die Abmeldung beim Einwohnermeldeamt reicht, um der deutschen Steuerpflicht zu entkommen. Doch das stimmt nicht. Ohne klaren steuerlichen Wohnsitz im Ausland – idealerweise in einem Staat mit Doppelbesteuerungsabkommen – bist Du aus Sicht des deutschen Fiskus einfach „untergetaucht“, aber nicht rechtsfrei.
Sobald Du Einkünfte ohne Betriebsstätte erzielst, oder Deine Leistungen in Deutschland verwertet werden, tritt Deutschland steuerlich wieder auf den Plan – trotz Abmeldung und trotz internationaler Reisepläne.
💡 Was Du tun kannst: Drei sinnvolle Lösungen
1. Eine echte Betriebsstätte im Ausland gründen
Eine Betriebsstätte mit Substanz – etwa ein Büro, Personal, eigene Räume – in einem Land mit stabilem Steuerrecht wie Zypern, Malta oder Dubai schützt Dich zuverlässig vor der Anwendung von § 2 AStG. Dies kann z. B. über eine Kapitalgesellschaft geschehen.
2. Eine klare Steueransässigkeit im Ausland nachweisen
Viele Länder erkennen Dich schon mit weniger als 183 Tagen Aufenthalt als steuerlich ansässig an, wenn Du dort Wohnraum hast oder eine langfristige Aufenthaltsgenehmigung. Wichtig ist: Der neue Staat muss Dich als unbeschränkt steuerpflichtig anerkennen – im Idealfall mit DBA (Doppelbesteuerungsabkommen) mit Deutschland.
3. Nicht selbst fakturieren, sondern über Struktur abrechnen
Wenn Du als Einzelperson fakturierst, bist Du für das deutsche Finanzamt leicht angreifbar. Wenn jedoch eine ausländische Firma mit Betriebsstätte abrechnet (z. B. Deine Zypern-Ltd), sieht das anders aus. Auch der Verwertungstatbestand kann dadurch entschärft werden.
Du willst sichergehen? Buche deine persönliche Beratung
Wenn du planst, deinen Wohnsitz ins Ausland zu verlegen, ist eine gute Vorbereitung entscheidend. Gerade bei komplexeren Situationen – z. B. mit GmbH-Anteilen, internationalen Einkünften oder Vermögensübertragungen – kann ein kleiner Fehler große steuerliche Folgen haben.
👉 In einer individuellen Beratung klären wir:
Ob und wie du die unbeschränkte Steuerpflicht sicher beendest
Welche Länder für deine Situation steuerlich am besten geeignet sind
Wie du Wegzugsbesteuerung, Entstrickung oder die erweiterte Steuerpflicht vermeidest
Was du tun musst, damit Finanzamt und Banken deine neue Ansässigkeit akzeptieren
Wenn du auf Nummer sicher gehen willst: Buche hier deine persönliche Beratung.