Wie du die unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland wirksam beendest

Was du bei Wohnsitzverlagerung, Wegzugsteuer, beschränkter Steuerpflicht und Finanzamt-Kommunikation unbedingt wissen musst

1. Was bedeutet unbeschränkte Steuerpflicht?

Solange du einen Wohnsitz in Deutschland hast (§ 8 AO) oder dich gewöhnlich in Deutschland aufhältst (§ 9 AO), bist du unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. Das bedeutet: Du musst dein weltweites Einkommen in Deutschland versteuern – ganz egal, woher es stammt.

Diese Pflicht endet nicht automatisch, nur weil du umziehst oder dich im Ausland aufhältst. Du musst gezielt handeln, um die Steuerpflicht in Deutschland wirksam zu beenden.

2. Voraussetzungen, um die Steuerpflicht zu beenden

Du musst zwei Dinge sicherstellen:

  • Kein Wohnsitz mehr in Deutschland: Deine Wohnung muss gekündigt, verkauft oder so überlassen werden, dass du sie nicht mehr nutzen kannst. Es reicht nicht, sie einfach leer stehen zu lassen.

  • Kein gewöhnlicher Aufenthalt mehr: Du darfst dich nicht mehr regelmäßig oder über längere Zeit in Deutschland aufhalten. Kurzbesuche sind in Ordnung – regelmäßige Rückreisen, Pendeln oder berufliche Einsätze können aber kritisch sein.

Abmeldung beim Einwohnermeldeamt

Die Abmeldung beim Einwohnermeldeamt ist steuerlich nicht bindend, aber sie ist ein wichtiges Signal. Sie zeigt dem Finanzamt, dass du deinen Wohnsitz wirklich aufgegeben hast. Deshalb solltest du dich unbedingt abmelden – auch wenn es allein steuerlich nicht reicht.

3. Du brauchst keine neue Steueransässigkeit – aus deutscher Sicht

Um die unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland zu beenden, brauchst du nicht zwingend eine neue Steueransässigkeit im Ausland. Aus Sicht des deutschen Steuerrechts reicht es, dass du keinen Wohnsitz und keinen gewöhnlichen Aufenthalt mehr in Deutschland hast.

Aber: Wenn du Streit mit dem Finanzamt vermeiden oder dich auf ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) berufen willst, dann ist es hilfreich, wenn du im neuen Land steuerlich ansässig wirst. Vor allem, wenn du weiterhin wirtschaftliche Verbindungen nach Deutschland hast – z. B. Beteiligungen, Geschäftsführung, Immobilien oder Familie.

4. Warum es trotzdem sinnvoll ist, im Ausland ansässig zu sein

Auch wenn Deutschland keine neue Steueransässigkeit verlangt, ist sie in der realen Welt praktisch unverzichtbar.

Viele Länder – etwa Zypern, Malta oder die VAE – erkennen deine Steueransässigkeit auch dann an, wenn du nicht volle 183 Tage dort verbringst. In den VAE reicht oft schon eine Residency Card plus Mietvertrag und gelegentliche physische Präsenz.

Warum das so wichtig ist:

  • Banken weltweit verlangen heute fast immer einen nachweisbaren Steuerwohnsitz. Ohne gültige Ansässigkeitsbescheinigung wird dir kein Konto eröffnet – oder dein Konto kann gesperrt werden.

  • Auch bei Krypto-Börsen, Versicherungen, Brokern oder Zahlungsdienstleistern musst du eine steuerliche Ansässigkeit nachweisen – als "digitaler Nomade ohne festen Wohnsitz" gerätst du schnell ins Abseits.

  • Wenn du dich auf ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) berufen willst, z. B. zur Vermeidung der Wegzugsteuer, brauchst du ohnehin eine formale Steueransässigkeit im neuen Land.

Fazit: Auch wenn sie aus deutscher Sicht nicht zwingend ist – eine ausländische Steueransässigkeit ist in der Praxis absolut entscheidend, wenn du international finanziell handlungsfähig bleiben willst.

5. Was passiert nach dem Wegzug?

Auch wenn du nicht mehr unbeschränkt steuerpflichtig bist, bleibst du oft weiter steuerlich erfasst – zum Beispiel:

  • Beschränkte Steuerpflicht (§ 1 Abs. 4 EStG): Du musst weiterhin bestimmte deutsche Einkünfte versteuern (z. B. Mieteinnahmen, Betriebsstätten, Geschäftsführerbezüge).

  • Erweiterte beschränkte Steuerpflicht (§ 2 AStG): Wenn du wirtschaftlich eng mit Deutschland verbunden bleibst (z. B. >25 % Beteiligung), kann das Finanzamt dich noch bis zu 10 Jahre nach dem Wegzug teilweise auf dein Welteinkommen besteuern.

  • Erbschaft- und Schenkungsteuer: Auch wenn du nicht mehr einkommensteuerpflichtig bist, bleibst du unter Umständen weiter erbschaftsteuerpflichtig – etwa wenn du deutscher Staatsbürger bleibst oder innerhalb von 10 Jahren nach dem Wegzug eine Schenkung oder Erbschaft mit deutschem Bezug erfolgt.

6. Wegzugsteuer und Entstrickungsbesteuerung

Wenn du beim Wegzug Anteile an einer GmbH oder anderen Kapitalgesellschaft hältst (über 1 %), greift die Wegzugsteuer nach § 6 AStG. Dabei wird ein fiktiver Veräußerungsgewinn ermittelt und sofort versteuert – obwohl du gar nicht verkauft hast.

Auch bei der Entstrickungsbesteuerung (z. B. wenn du Betriebsvermögen in eine ausländische Gesellschaft überführst), unterstellt das Finanzamt stille Reserven und verlangt eine sofortige Versteuerung.

Wenn das bei dir zutrifft, solltest du dich frühzeitig steuerlich beraten lassen, um Gestaltungsspielräume zu nutzen – etwa durch Wegzug in ein DBA-Land oder durch Stundungsregelungen.

7. Anlage WA-EST nicht vergessen

Wenn du deine Steuerpflicht beendest, musst du das aktiv beim Finanzamt erklären – nicht nur formlos, sondern verbindlich in der Steuererklärung.

Dafür gibt es die Anlage WA-EST („Wegzug/Auslandsbezug“). Diese ist verpflichtend, sobald du ins Ausland gezogen bist. Darin gibst du an:

  • wann du Deutschland verlassen hast,

  • wo du jetzt wohnst,

  • ob du noch Einkünfte oder Beteiligungen in Deutschland hast,

  • und ob du wirtschaftlich weiterhin mit Deutschland verbunden bist.

Wenn du diese Anlage nicht abgibst, riskierst du Rückfragen oder eine falsche steuerliche Einstufung. Mach das lieber gleich sauber – idealerweise mit Hilfe eines Steuerberaters.

8. So kommunizierst du mit dem Finanzamt

Nach deinem Wegzug solltest du dem Finanzamt folgende Unterlagen schicken:

  • deine Abmeldebescheinigung,

  • deine neue Anschrift im Ausland,

  • wenn möglich eine Ansässigkeitsbescheinigung des neuen Landes (für DBA),

  • und eine kurze Erklärung, warum du nicht mehr in Deutschland steuerpflichtig bist.

Ziel: Du willst eine schriftliche Bestätigung, dass deine unbeschränkte Steuerpflicht beendet ist – damit hast du später bei Rückfragen oder Betriebsprüfungen klare Verhältnisse.

Die Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht in der Praxis

Du kannst die unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland rechtssicher beenden – aber nur, wenn du Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt tatsächlich aufgibst. Eine Abmeldung reicht allein nicht. Du musst deinen Lebensmittelpunkt nachvollziehbar verlagern.

Eine neue Steueransässigkeit im Ausland ist nicht zwingend, aber sehr sinnvoll – vor allem, wenn du dich vor Wegzugsteuer, Doppelbesteuerung oder der erweiterten beschränkten Steuerpflicht schützen willst.

Und ganz wichtig: Vergiss die Anlage WA-EST nicht – sonst bleibt das Finanzamt misstrauisch. Wenn du größere Vermögen, Beteiligungen oder Auslandseinkünfte hast, hol dir am besten professionelle Unterstützung, bevor du umziehst.

Nur so kannst du sicherstellen, dass dein steuerlicher Neuanfang auch wirklich gelingt.

Du willst sichergehen? Buche deine persönliche Beratung

Wenn du planst, deinen Wohnsitz ins Ausland zu verlegen, ist eine gute Vorbereitung entscheidend. Gerade bei komplexeren Situationen – z. B. mit GmbH-Anteilen, internationalen Einkünften oder Vermögensübertragungen – kann ein kleiner Fehler große steuerliche Folgen haben.

👉 In einer individuellen Beratung klären wir:

  • Ob und wie du die unbeschränkte Steuerpflicht sicher beendest

  • Welche Länder für deine Situation steuerlich am besten geeignet sind

  • Wie du Wegzugsbesteuerung, Entstrickung oder die erweiterte Steuerpflicht vermeidest

  • Was du tun musst, damit Finanzamt und Banken deine neue Ansässigkeit akzeptieren

Wenn du auf Nummer sicher gehen willst: Buche hier deine persönliche Beratung.